Nach dem letztjährigen – nur 95% geglückten Versuch – zur Funivia del Furggen via Furggengrat zu gehen, war es nun langsam Zeit für den nächsten Versuch – dachte ich mir so. Wir hatten schon vor Monaten einen Skitrip nach Breuil-Cervinia geplant und das lässt sich prima kombinieren – dachte ich mir so. Und wenn sowieso überall Schnee liegt, könnte man das Ganze auch als Skitour machen – dachte ich mir so. Der Weg runter ins Tal würde auf jeden Fall viel, viel schneller gehen als zu Fuss – dachte ich mir so. Und war da nicht so einen Tupperdose?
Gesagt, getan.
Nachdem Charly Gabl kurzfristing nicht erreichbar war, haben wir uns dann auf die lokale Wettervorhersage von ilmeteo.it verlassen. Und tatsächlich kam das ankündigte Sonnenwetter. Es war einfach brilliant und kein Wölkchen am Himmel. Danke des Frühjahrs war die Lawinengefahr gering – auch im Tagesverlauf war kein Anstieg zu erwarten. Alles Gute hat natürlich auch seine Schattenseiten. Die Frühjahrsonne führt auch zu recht sulzigem Schnee nach dem Mittag. Ab ca. 14.00 Uhr war unterhalb von 2700m nur noch Sulze und auch darüber lassen dann die Verhältnisse zu wünschen übrig. Dem geschuldet wollten wir also früh los und mit möglichst wenig Gepäck um schnell aufsteigen zu können. Dank dem guten Wetter brauchte man keine achtlagig deluxe Klamottenausstattung, sondern “nur” die normale Ausrüstung. Inklusive Wasser, Steigeisen, Klettergurt, Harscheisen, GPS und Foto brachte ich es dann auf knapp über 7kg. Damit lässt sich schon reisen bzw. schifoan.
Die gewählte Route war der Westgrat via Breuljoch. Mit der ersten Bahn sind wir um 8.30 Uhr von Cervinia nach Plan Maison (2555m) hochgefahren. Von dort ging es dann auf Skiern runter zur Station Plan Tourette (2470m) und mit dem neuen Pancheron Sessellift auf ca. 2900m. Die ganzen schönen Lift-Höhenmeter haben wir dann direkt wieder zunichte gemacht und sind auf ca. 2600m abgefahren. Hier fing dann die Skitour erst richtig an. Von der Piste sind wir den Steilhang unterhalb der Funivia gequert um zum ersten Couloir zu kommen, über das wir aufsteigen wollten. Unser Einstieg war ziemlich genau am Beginn des Slowski-Parks – für die Orstkundigen. Die Querung war schon ziemlich grottig – Kindskopf große Eisbollen sind nicht gerade das ideale Terrain. Jeder Schwung verursachte leichtes Nasspipi. Dafür haben wir uns eine 1/2h gegenüber dem Aufstieg über die alte Skipiste zwischen 2. und 3. Couloir gespart.
Am Anfang der ersten Rinne – von Osten aus gesehen – haben wir dann die Felle aufgezogen und mit dem eigentlichen Aufstieg begonnen. Und was war das schon gut warm. Dafür war der Schnee noch tief gefroren, was auf eine gute Abfahrt hoffen liess. Dafür habe ich geschwitzt wie eine Kuh. Die Jacke war direkt am Anfang im Rucksack verschwunden und jetzt auch der leichte Strick schon geöffnet. In endlosen Spitzkehren ging es den Hang hoch. Am Ende der Rinne blickten wir dann in die Wanne unterhalb des Breuiljoch. Der Anblick des fast unberührten Schnees liess mich schon jetzt auf die Abfahrt freuen.
Aber erstmal ging es weiter an die Arbeit und in Dutzenden Spitzkehren den nächsten langen Hang hoch. An dessen Ende erblickte ich zum ersten Mal seit Plan Maison die Funivia. Ein sehr willkommener Motiviationsschub. Die 3000m-Grenze hatten wir schon vor einer Weile überschritten. Mittlerweile nutze ich die Spitzkehren für kurze Pausen zur Herstellung einer geregelten Atmung. Die Alpinskischuhe zollten beim Aufstieg ordentlich ihren Tribut.
Dann standen wir schließlich vor dem Steilhang unterhalb der Funivia mit der “leichten” Wächte am Übergang zum Grat. Unser ursprünglicher Plan war die Ski mit zur Funivia zu nehmen und komplett abzufahren. Die “Eiswand” mit den kopfgroßen Eisplacken liess mich recht flugs von dem Gedanken Abstand nehmen, da ich keine Lust auf eine finale Schussfahrt hatte. Zumal wir dann auch die Ski hätten zur Station schleppen müssen. Meine Tourenski mit einer Diamir Freeride Pro Tourenbindung sind kein Gewichtswunder. Da der Zeitgewinn nur marginal gewesen wären und der Risikofaktor deutlich höher, liessen wir die Ski unten stehen. So sind wir dann zu Fuss über den Hang gelaufen. Der Aufstieg rechts am Felsen war ca 1m überhängend, daher entschieden wir uns für die goldene Mitte. Trotzdem hatten wir hier noch unseren Spaß. Die letzten 4m waren sehr, sehr “lustig”. Nachdem wir auf den Grat geklettert sind, waren die letzten Meter über den Grat zur Station nur noch Formsache.
Zunächst sind wir der Funivia auf das Dach gestiegen und haben ein paar Bilder gemacht. Dank nur vereinzelter Schäfchenwölkchen war die Sicht bombig. Die 4000er des Wallis, der Gran Paradiso und der Mont Blanc waren alle im Blick. Man konnte Augenkrebs bei diesem Anblick bekommen.
Aber da war doch noch etwas? Richtig! Ein Geocache in einer alten Seilbahnstation, hoch oben im Lost Place. Jetzt ging es also in die Station. Was sich deutlich schwieriger gestaltete als gedacht. Zwischen der Aussen- und der Innentür hatten sich gefühlt 34t Schnee abgelagert, die bewegt werden wollten. Nach 10min standen wir dann endlich in der Station und wurden vom alten Motorblock begrüsst, der sich auf merkwürdige Weise bis in den Flur der Station bewegt hatte.
Zunächst wurde alles sorgfältig in Augenschein genommen und ein paar Fotos gemacht. Die Küche / Wohnzimmer waren noch in einem guten Zustand. Hier kann man es schon mal aushalten. Nicht umsonst wird dieser Raum noch als Notbiwak genutzt. Der Schitunnel war in einem deutlich schlechteren Zustand. “Jemand” hatte das Fenster offen gelassen und der komplette Abgang war voller Schnee. Da ich nicht selbigen machen wollte, beliess ich es bei ein paar Fotos vom Eingang des Tunnels. Und dann blitzte mir ein Schild entgegen, das mich stark an das Spoilerbild vom Geocache erinnerte. Einmal rechts rum und schon standen wir davor. Mist, zu dunkel. Also nochmal zurück und Taschenlampe geholt. Mit deren Hilfe war der Cache dann schnell gefunden. Zunächst die Buchhaltung erledigt, einen kleinen Snack gehalten in der Küche und dann standen wir schon wieder vor der Tür.
Ein wenig zugig war es geworden, so daß wir die Jacken anziehen mussten. Dank des auffrischenden Windes sind wir schnell vom Grat runter. Die Wächte war immer noch lustig, aber runter ist noch komischer. Beim Gang den Steilhang runter war ich froh, dass ich hier nicht mit Skiern runter musste. Die Steigeisen waren schon genau richtig. Am Skidepot wurde abgefellt und dann ging die rasante Fahrt direkt los.
Der Rückweg war eine einzige Freude. Wir brauchten nur 25min vom Skidepot bis zur Talstation von Plan Torette. Das waren knapp 1000hm. Auch wenn ich ein paar Tränen ob meiner mühsam erkämpften Höhenmeter vergoss. Besonders der Abschnitt in der Wanne unterhalb des Breuljochs war einfach gr0ßartig. Unberührter Schnee, nicht mehr zu eisig und nicht zu sulzig. Viel bessere Verhältnisse kann man im Frühjahr nicht erwarten. Nach der Wanne gab es einige steile Stellen, aber dank des guten Schnees zwischen 3400 und 2800m war das überhaupt kein Problem – im Gegenteil.
Zunächst sind wir dann komplette die mittlere Rinne abgefahren. Hier wurde der Schnee schon etwas weich. Nach der Fahrt durch die Felsen am Slowski Park waren wir dann aber recht fix an der Talstation von der Plan Torette und nach einer kurzen Liftfahrt zur Berstation ging es über die Piste 59/30 wieder zurück zur Plan Maison. Kurz nach 13.00 Uhr wurde uns der Cappucino kredenzt.
Es gibt auch einen Tunnel der von der Bergstation der Plan Torette auf den Grat führt. Dieser ist teilweise zusammengefallen und im Sommer nur mit guter Absicherung begehbar. Wir hatten auch kein Glück, da der Zuweg sowohl oberhalb aber insbesonders unterhalb sehr schneearm war, sprich kein Schnee vorhanden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ist bestimmt ein guter Platz für einen Bonuscache. Man sieht den Eingang von unten etwa auf 11 Uhr oberhalb der Bergstation von Plan Torette rechts von einem gelben Felsband. Bei etwas mehr Schnee wäre das noch ein Highlight der Abfahrt geworden.
Das Frühjahr ist wirklich perfekt für diese Tour zur Funivia del Furggen. Mit der Skiabfahrt von 1000hm Downhill gibt es dann noch das Zuckerl. Definitiv besser als auf Schusters Rappen. Man muss nur auf die Schneeverhältnisse – speziell unterhalb von 2800m – achten. Bei Sulzschnee ist die Abfahrt über die Rinnen links von Plan Torette durchaus kein Spass. Wir hatten aber aktzeptable Verhältnisse, die auch der Uhrzeit geschuldet waren. Nach 1-2 kalten Tagen dürften sich die Verhältnisse auch im Tagesverlauf nicht so schnell ändern wie bei unserer Tour.
Der Schadensreport:
- Ein Loch in der Hose von den Steigeisen. Ich hatte sie nicht ausgezogen weil ich erst in den Skitunnel wollte. Dann hab ich glatt vergessen sie auszuziehen. Selber Schuld.
- Eine herrlich rote Nase trotz SPF 50
- Schwere Beinchen am nächsten Tag
- Ein Unterhemd reif für den Sondermüll
- GPS Track nur für die Rückfahrt. Amateur-Cacher halt, der das GPSr nicht beim Aufstieg eingeschaltet hatte.
Alle Bilder der Tour gib es übrigens hier.
Skiabfahrt in Google Earth.
Die Tour auf Everytrail.com mit GPS Track.
Danke nochmals an JR849 und SkandinavianMagic für diesen tollen Cache an einer einmaligen Lokation. Gemeinsam mit Maacher warten im Juni schon die nächsten Projekte, aber diesen Cache werde ich immer gerne in Erinnerung behalten. Und vielleicht sehen wir uns nochmal wieder – ich habe da noch eine Rechnung offen. 😉
Hey, klasse. Hat ja doch noch geklappt. 😀 😀 😀
Bei der Abfahrt wäre ich gerne dabei gewesen, beim Aufstieg eher weniger. *schwitz
Wenn wir mal wieder in der Gegend sind, hüpft uns vielleicht noch ein Döschen aus der Tasche, da dürfte es aber mit Skiern etwas schwierig werden. 😉
Offene Rechnungen bitte an appeals@groundspeak.com. 😉 😆
Gratulation zum “Winter”-FTF! Wobei die Schneelage auf den Bildern ja eher an Frühsommer erinnert. Irgendwann will ich da auch mal mit den Ski rauf und vor allem runter…
Haha, die Rechung zahle ich gerne! In einem Monat, vor Ort an der Location! 🙂
Schöner Bericht, der mich traurig hier zuhause hocken läßt und in Träumen schwelgen … ein bisschen schlechtes Gewissen muß jetzt auch sein, wenn man so ne schöne Tour hinter sich hat! Immerhin, einen fetten Muskelkater hab ich mir dafür auch gerade wieder eingefahren bei irgendso einer kranken Laufveranstaltung …
@JR849: Auja, neue Döschen sind immer gut. Bitte rechtzeitig die grobe Ecke bekanntgeben, damit der Urlaub schon eingereicht werden kann.
@ScandinavianMagic: Kann ich nur empfehlen, aber hoch wird schon warm. 😉
@Maacher: Ich nehme Dich bei Wort 😉
Wir haben auch noch eine Dose hinterlassen auf der anderen Seite vom Tal:
http://coord.info/GC2TPH6
Also ich hab auch Muskelkater, aber nicht von einer kranken Laufveranstaltung 🙂 sondern vom Dosensuchen und -Legen. Nicht weinen, es ist ja bald wieder soweit!
Na dann gratuliere ich mal zum Fund und zu den schönen Bildchen hier und auf Picasa.
Wir haben gestern zu bauen begonnen….und deshalb ist der Urlaub in Richtung Aosta für mich heuer nicht drin.
Aber zumindest können wir so heuer vielleicht die Gardasee-T5er abarbeiten 😉
@Sabine: Dann wünsche viel Erfolg beim Hausbau und das die Nerven einigermaßen geschont werden. Und vor allem viel Spaß am Gardasee, der uns in diesem Frühjahr leider “erspart” bleiben musste. Bitte grüsst den Monte Albano von mir.
Pisetta und Guevara sind noch unbedost glaub ich … *wegduck*
Super Blogpost.Ich habe ein paar frische Gedankenanstoesse bekommen. Warte auf neue Beiträge.
Wow. Ganz Herzlichen Dank für diesen großartigen Bericht! Echt unfassbar was du für Touren machst. Freu mich auf mehr. Viele Grüße aus Köln.