Der Stöffelpark ist ein Industrie-Erlebnispark im Westerwald. Hier wurde seit 1902 Basalt abgebaut. Weite Teile sind heute stillgelegt und nur in einem Randbereich ist noch aktiver Steinbruchbetrieb. Auf dem Gelände hat man 1992 bei Ausgrabungen das Skelett der Stöffelmaus gefunden, eine Nagetierart mit Flughäuten. Ich bin kein Archäologe, aber es scheint eine sensationelle Entdeckung gewesen zu sein. Durch die Stöffelmaus hat der Erlebnispark auch seinen Maus-Theme erhalten.
In der größten der ehemaligen Brecheranlagen wurde 2008 ein Klettersteig gebaut. Nach eigenen Worten bezeichnet ihn der Betreiber als “spektakulärster und größter seiner Art nördlich der Alpen” und “DAS Ziel für Freeclimber”. Ok, da hat der Marketing-Sprech ein wenig dick aufgetragen. Aber endlich haben wir die Zeit gefunden uns den Klettersteig in der Nachbarschaft einmal anzuschauen. Los ging es also zur Via Ferrata Stöffelmaus (offiziell Klettersteig um den Brecher genannt).
Auf den Webseiten des Fördervereins Stöffelpark gibt es keinerlei Infos zum Klettersteig. Mit etwas Suchen findet man eine Bildergalerie aus 2009 und eine Veranstaltungsinformation für einen Klettersteigkurs “Hoch hinaus mit der Maus”. Auch ansonsten ist kaum eine Information im Internet zu finden. Es war gut, dass wir uns vorab per eMail informiert haben. Einfach hingehen und losklettern ist nicht so einfach. Unser Begehungsbericht macht es vielleicht einem Nachfolger etwas leichter.
Man braucht nämlich einen Kletterschein und muss an der Anmeldung einen Haftungsausschluss unterschreiben. Die Dame an der Anmeldung war zwar sehr nett, aber irgendwie drängte sich mir der Verdacht auf, dass wir den Betriebsablauf stören. Oder dass man noch eine Ausrede findet, dass wir nicht Klettern dürfen.
“Haben Sie einen Kletterschein dabei?” “Ja!”
“Sie müssen zu zweit beim Klettern sein!” Naja, hier standen zwei Menschen mit Kletterrucksäcken.
“Aber Klettersteigssets haben Sie keine, oder?” “Alles dabei.” Da wir noch zum T5-Geocaching wollten, hatten wir mal wieder die Big Wall Ausrüstung dabei.
Wir konnten es gar nicht fassen. Sie liess uns tatsächlich klettern – nachdem wir den Obulus von 11 Euro pP bezahlt hatten (8 Euro für den Klettersteig und 3 Euro Eintritt für den Stöffelpark). Wo wir schon hier waren, wollten wir auch ein Runde drehen und dabei den örtlichen Earthcache suchen. Die Kletterordnung aka Haftungsausschluss ist eigentlich nichts Besonderes und unterscheidet sich nicht von einer Kletterordnung in einem kommerziellen Klettergarten. Aber ein paar Highlights sind schon dabei:
§4: Das Spielen in Bereichen, in denen Gegenstände und Kletterer herunterfallen können, ist untersagt. (Gut, dann kommt es immer nur zu einem Todesfall.)
§13: Barfuss Klettern oder das Klettern in Strümpfen ist verboten. (Und was ist mit 5Fingers von Vibram?)
§15: Das Mitnehmen von Tieren in die Anlage ist verboten. (Die Katze von unserem Nachbarn kann auch keinen Vorstieg und die Petzl-Gurte passen ihr nicht.) Wie gefährlich das Gelände für es für Tiere ist, sieht man an dieser armen Maus. Wir haben sie unterhalb des Einstiegs gefunden und glauben es ist die wahre Stöffelmaus. RIP.
Ein freundlicher Herr zeigte uns die beiden möglichen Einstiege und schloss die Platte auf, die den Ausstiegs-/Einstiegsbereich sichert. Man kann nämlich in verschiedenen Richtungen um das Gebäude herum klettern. Die gewählte Variante entscheidet dann über den Schwierigkeitsgrad. Wenn man das Stahlseil nicht nur zur Fortbewegung nutzt, sondern ausschließlich zur Absicherung, hat die Route einen Schwierigkeitsgrad von ca. 5-/5 (UIAA). Bei Mitbenutzung der Sicherungsmittel und beim Ruhen wird die Route entsprechend leichter, beim Auslassen von Griffen von schwerer. Ich habe mich für einen Mix entschieden. 😉 Wenn man die schwierigere Route wählt, hat man eine Kletterlänge von 145m.
Unsere Route führte über den Rand des ehemaligen Aussensilos. Über Leitersprossen gelangt man auf den Grund des Silos (ca 8m). Man durchläuft den Grund des Silos zur gegenüberliegenden Seite. Hier ist der Einstieg über eine Rampe zur Fassade des Brechers. Vom Boden sind ca. 14 Klettermeter bis zur Dachkante zu überwinden. Hier kann man ggf. mit Expressen den Vorstieg absichern oder den Nachsteiger von oben mit Seil sichern. Trotz des Drahtseils sind ganz nämliche nette Abflüge möglich und man sollte auf keinen Fall stürzen. Ab der Kante kann man den nächsten Teil umgehen über einen Steig auf dem Dach. Andernfalls befindet man sich in der Querwand des 28m hohen Gebäudes und turnt dort quer ab- und aufsteigend und dann schräg aufwärts unter einen Fenstersims vorbei über die ganze Fassadenseite. Das Fenster lässtsich von aussen öffnen, wenn einen hier die Kraft verlässt. Über einen der Erlebnisräume gelangt man dann wieder auf zurück. Oder man geniesst einfach am Fenstersims die Aussicht über den Westerwald am höchsten Punkt des Brechers. Hier gab es eine kurze Pause, denn dicke Untersarme hatte ich schon. Die vielen Tritte und Griffe über und unter dem Stahlseil machten mich auch ganz komisch im Kopf.
Der Route weiter durch die Wand folgend, kommt man zu einer weiteren Kante. Diese wird umklettert und man gelangt zu einer weiteren Querung. Hier sollte man schon mal eine Kletterwand gesehen haben, wenn man hier durchkommen will. Die kurze Abstiegspassage an der nächsten Kante und die folgende Querung haben es nochmal in sich. Die wüste Maus kletterte ab hier über die Chickenroute und seilte dann ab. Weite Spreizschritte sind ab hier gefordert und der Anspruch an die Kondition wird nochmal höher. Nach einem kurzen “no hand rest” gelangt man dann über ein paar Sprossen zum Ausstieg.
Fazit: Der Klettersteig Stöffelpark ist ein kurzer, aber durchaus fordernder Klettersteig an einem aussergewöhnlichen Gebäude. Man sollte schon etwas Klettererfahrung mitbringen und halbwegs Kondition haben für diese Kletterei. Die Konbination aus Kletterwand und Via Ferrata ist gewöhnungsbedürftig. Die Formalitäten und die spärlichen Informationen auf der Webseite führen zu Abzügen in der B-Note.
Öffnungszeiten: März–Okt: täglich 10–18 Uhr, Nov–Febr: Di–So 10–17 Uhr
Eintritt: 8 Euro pP für den Klettersteig, 3 Euro pP Eintritt für den Stöffelpark
Parkplatz: An der “Infobox” am Eingang: N 50° 37.092 E 007° 53.237
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