Machmal gibt es Dinge, die einen sofort irgendwie fesseln. Ein Geocache auf einer alten verlassenen Seilbahnstation auf 3.500m auf dem Cima di Furggen direkt unterhalb des Matterhorn gehört definitiv dazu.
Da der Kollege Minorearth und ich sowieso Ende August ein verlängertes Wochenende in die Berge wollten, passte es zeitlich auch ganz gut. Ursprünglich war Klettern am Kleinen Watzmann angesagt sowie 1-2 Klettersteige im Berchtesgadener Land. Aber man ist ja flexibel. 😉
Der Plan war schnell festgezurrt. Die Recherche war etwas aufwändiger, da es kaum brauchbare Informationen zum Ziel gibt. Der SAC-Führer und ein paar Landkarten vom Gebiet waren zum Glück vorrätig. Also ab mit dem Minorearth und dem JeeperMTJ nach Breuil Cervinia zur Funivia del Furggen und zum “Horu”.
Die Tourplanung sah aus wie folgt:
1. Tag: Anreise und Fahrt zur Laghi Cime Bianchi mit der Gondel zur Akklimatisierung. Dann zu Fuss nach Cervinia zurück.
2. Tag: Von Testa Grigia über den Gletscher zur Theodulhütte. Von dort über den Furrgengrat östlich kommend zur Seilbahnstation. Entweder übernachten oder zurück zur Theodulhütte.
3. Tag: Von der Theodulhütte zum Breithorn und zurück via Testa Grigia nach Cervinia
4. Tag: Klettersteig bei Valtournenche – Via Ferrata Gorbeillon
Soweit der Plan. Aber bekanntlich kommt alles immer anders und sowieso nicht so wie man denkt. Herausgekommen ist:
1. Tag: hat alles funktioniert, 800hm auf der Guthabenseite.
2. Tag: Sturm und aussitzen auf der Hütte. Kleine Tour zum Theodulhorn am Abend. Breithorn somit schon auf der Verlustliste. 500hm auf der Guthabenseite.
3. Tag: Tour über den Furggengrat und Ende ca. 300m vor dem Ziel vor ordentlicher Kletterei auf 3.300m. 2300hm auf der Guthabenseite.
4. Tag: Klettersteig – hat alles funktioniert. 700hm auf der Guthabenseite.
Gesamt: 4300hm
Nun zu den Details.
Also eigentlich fing alles ganz gut an. Ohne größere Staus erreichten wir Cervinia. Mit ca. 1/2h Luft zur letzten Bahn war das Zeitpolster noch ok. Hoch bis unter das Plateau Rosa. Von dort sind wir dann gemütlich von 2.800m nach Cervinia (ca. 2.050m) zurückgelaufen. Schnell den örtlichen Cache eingesammelt, zum Supermarkt und danach zum Campingplatz.
Am nächsten Morgen sind wir dann mit der ersten Gondel zur Testa Grigia. Unten war noch T-Shirt-Wetter; oben schon Winter: kuschelige 1-2° über Null und ein ordentlicher Wind. Erstmal anseilen und dann ging es über den Theodulgletscher zur Theodulhütte. Und am Theodulpass fing dann der Spaß richtig an – Sturm und der Regen, letzterer quer. Dazu ca. 60-70km/h Wind, in Böen auch einiges mehr. Mit einem Regenschirm hätte man es bis nach Zermatt fliegend geschafft. Also erstmal aussitzen auf der Hütte. Am Abend wurde dann das Wetter besser und wir machten eine kleine Erkundungstour auf das Theodulhorn.
Der frühe Vogel fängt den Wurm. Also um 6 Uhr aufgestanden und das Wetter begutachtet. Herrlich, es windet nicht mehr. Dafür 2cm Neuschee. Kein Badewetter, aber die Temperaturen waren ok. Nach dem Frühstück und etwas “Aussitzen” ging es dann los. Mit dem Schnee machte sich unsere kleine “Erkundungstour” vom Vorabend dann doch bezahlt. Die Wegfindung mit Schnee ohne Wegkenntnisse hätte ein wenig gedauert. Eine 3/4h später waren wir am Theodulhorn (3.469m). Auf der anderen Seite ging es dann über Blockgelände runter zum Furggsattel. Von dort über einen Firnhang mit Steigeisen zum Liftstation der Furggbahn aus Zermatt.
Danach hoch zum Furgghorn (3.451m). Zunächst auf schönen geraden Platten und dann endlich wieder Blockgelände. 🙁 Dann ging es immer weiter über den Grat und das Schwarzseejoch. Von dort noch über einen Firngrat, der nach Zermatter Seite gemütlich abfiel und nach italienischer Seite entspannt 200m in der Diretissima nach unten geht. Spätestens hier war ich froh über die Steigeisen.
Dann noch etwas leichtes Gelände über den Grat und dann standen wir vor dem letzten “Anstieg”. Das war ca. 300m vor der Station auf einer Höhe von 3.350m. Irgendwie sah das auf den ersten Blick nicht gut aus. Auch nicht auf den zweiten und auch nicht auf den dritten Blick. Die letzten 300m bestanden aus mehreren kleinen Einzelgipfeln, der erste ca. 60-80m hoch. Etwa oberes 3er, unteres 4er Gelände. Wir hatten zwar ein Seil dabei, aber nicht ausreichend Sicherungsmaterial für so eine Kletterei. Außerdem zeigte der Berg Zerfallerscheinungen. Ich bin dann einige Dutzende Meter nach oben und auch rechts/links geklettert – tlw. an der Grenze zum Vernünftigen – auf der Suche nach einem Weg. Aber es war keiner zu finden. Mittlerweile weiss ich, dass die Kletterei schon richtig ist. Allerdings war der Weg früher einfacher zu begehen als er noch hoch und ganzjährig unter Schnee lag.
Mittlerweile hatten wir schon über eine Stunde verplempert und kamen irgendwie nicht voran. Die Kletterei wäre ohne mehr Sicherungszeug sehr unvernünftig. Alternativ hätten wir den Gletscher runtergehen können und von dort über das Breuiljoch hoch zur Station. Dafür war es aber zu spät, denn das ist eigentlich der Weg von Zermatt kommend. Schweren Herzens kehrten wir zurück zur Theodulhütte und stiegen noch am gleichen Tag nach Cervinia ab. Die 40€ Übernachtungskosten wollten wir uns sparen. So kamen dann leckere 2300hm zusammen, davon knapp 600hm in tollen 1er/2er Gelände. Um 19.00 Uhr saßen einigermaßen dreckig und mit schweren Beinchen in der Pizerria.
Abends haben wir dann das FTF Log der Tschechen gelesen und waren natürlich ordentlich enttäuscht (aka frustiert, genervt, gereizt). Nach 200mg Tranquilizern ging es dann einigermaßen. Die Tour über den Furggengrat war zwar ziemlich groß, aber das Missionsziel war verfehlt. Hätten wir nur den normalen Weg via Plan Maison westlich genommen und nicht versucht über den Furggengrat östlich an die Station zu kommen. Aber wenn das Wörtchen “Wenn” nicht wäre. Wir haben dann überlegt am nächsten Tag noch einen Versuch zu machen. Aber wir hatten nur noch 1 Tag und hätten somit am gleichen Tag wieder unten sein müssen. Mit 2300hm in den Knochen und einem unbeständigen Wetterbericht fanden wir das keine der besten Ideen.
Am nächsten Tag ging es dann zu einem K5 Klettersteig bei Valtournenche – der Via Ferrata Gorbeillon. Sehr nette Kletterei, bei der man die Ärmchen schon mal anspannen musste. Auch sehr ordentlich eingerichtet und im Top-Zustand. Hightlights waren die vielen langen senkrechten Passagen über Trittleitern, 3 Überhänge und natürlich die Tibetbrücke. Zur Via Ferrata gibt es die Tage noch einen Extra-Bericht.
Gegen Nachmittag sind wir dann mit der Bahn nochmal nach Plan Maison (immer die Furggen-Station im Auge, Argghh) für eine Tour zum letzten verbliebenen Geocache im Valtournenche-Tal (ausser – naja, ihr wisst schon): La Guardia (GCZCFH). Von dort über den Lago Goillet und dann über alte Eisenbahnschienen zum Geocache La Guardia auf 2.300m. Runter ging es dann über Schipiste und dann in die Lokalität mit den belegten Teigscheiben.
Es war wirkliche eine schöne Tour mit Minorearth in toller Kulisse und auch alles richtig hoch gelegen. Die Gratpassagen am Furggengrat waren erste Sahne. Der DNF an der Funivia sticht natürlich, aber wenn man den falschen Weg nimmt… Dafür hatte ich Gelegenheit für unsere Jeeptour nächste Woche schon mal die High Altitude Reconaissance Unit zu spielen. Wege sind für fahrbar erklärt worden. Denn dann sind wir für 1-2 Tage in der Gegend, bevor es dann eine Woche weiter südlich in die Seealpen geht. Vielleicht ergibt sich ja noch etwas … 😉
Bilder von unserer Tour gibt es hier. Und ansonsten sind die Blogposts (mit vielen Bildern) der Owner zum empfehlen:
JR849 (“Hoch oben im Lost Place”) und Skandinavian Magic
Danke Euch für die gei.. Idee, die Dose und sowieso! Ende meiner Ode an den DNF. 😉
P.S.: Mein Chef fragt immer: “Wieso fährst Du eigentlich nicht einfach mal an den Strand?” Ich: “Weil es in den Bergen immer viel cooler ist!”
Edit April 2011: Ich darf berichten, dass wir uns den Winter FTF auf einer Skitour gesichert haben.
Den kompletten Bericht gibt es hier:
https://www.jeepermtj.com/2011/04/skitour-zur-funivia-del-furggen-eine-ode-an-die-seilbahn.html
und hier das Log:
Hut ab vor der Vernunftsentscheidung!
Und danke für den Bericht und die “Aufklärungsbilder”… ich freu mich auf die nächste Woche!
Toller Bericht, tolle Aktion. Sehr schade, wenn man 300m vorm Ziel aufgeben muss. Ich hab mir den Grat ja nur von der Station aus angeschaut und dachte mir so, Mann oh Mann, für mich wär das nix. Aber die zwei Schweizer Bergsteiger, die wir getroffen haben, haben das in gut 3 Stunden von Zermatt aus gemacht – die waren echt hart drauf…
Bin dann mal gespannt auf euer Found-Log, irgendwann… 😉
@ScandinavianMagic: Schaun mehr mal 😉 Ich beobachte jedenfalls schon den Wetterbericht.
Wenn man den Weg über den Grat gut kennt, dann ist es wahrscheinlich nur halb so schlimm. Zumindest wirkt es beruhigend in der Höhe. Irgendwie muss ich noch auskriegen wo der Weg lang läuft. Aber das ist definitiv ein Projekt für das nächste Jahr.
Was ein cooler Bericht! Schade, dass ihr es vorerst nicht mehr geschafft habt.
Aber manchmal ist ein DNF auch zu verschmerzen, weil die Suche einfach astrein war. Ist mir so gegangen in Spanien bei http://coord.info/GC1G8W7
Und da die High Altitude Reconaissance Unit nächstes Mal die Mission zur vollsten Zufriedenheit erfüllen wird, kann die Tour als Übungseinsatz gewertet werden 😉
Auch das ist ein toller Bericht, daß die Bilder schön sind (und Lust auf mehr machen) habe ich Dir ja schon geschrieben.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr, und hoffe daß ich dann oben loggen kann 🙂
Theodulhütte, Sturm, vereiste Grate und eine daher abgebrochene Breithorn-Ostgipfel-Besteigung … Leben wir in einer Parallelwelt?! Der einzige Unterschied ist, daß wir aufgrund des miserablen Wetters dann gar nicht mehr irgendwohin gegangen sind … Details in den noch ausstehenden Teilen auf der Couch.
Jedenfalls echt schade, aber Hut ab vor der Entscheidung umzukehren, das verdient mehr Respekt als durchzuziehen und am Ende vielleicht Schlagzeilen zu machen.
Wie haben Euch eigentlich die Klos auf der Theodulhütte gefallen? 😉
Die Klos sind erste Sahne. Unbedingt zu empfehlen wenn man seine Immunabwehr testen will.
Ich darf berichten, dass wir uns den Winter FTF auf einer Skitour gesichert haben. Den kompletten Bericht gibt es hier:
https://www.jeepermtj.com/2011/04/skitour-zur-funivia-del-furggen-eine-ode-an-die-seilbahn.html
Cervinia und furggen eine ode an den dnf.. Very nice 🙂